Wirbelsäule in Nahaufnahme

Physiotherapie in der Nähe? Warum die nächste Praxis nicht immer die beste ist.

Die meisten Menschen verbringen mehr Zeit bei der Recherche nach ihrer neuen Küchenmaschine, als nach ihrem Physiotherapeuten. Warum der Physiotherapeut in der Nähe nicht zwangsläufig der beste ist und nicht alle Physiotherapiepraxen gleich gut sind, erfährst du im folgenden Beitrag.

Der Physiotherapeut in der Nähe – automatisch die beste Wahl?

Wieder ein Morgen, an dem du mit stechenden Kopfschmerzen aufwachst. Dein Kiefer ist hart wie Beton. Inzwischen hast du das Problem schon seit Monaten ignoriert und „die Zähne zusammengebissen“ – doch jetzt wird dir klar, dass du handeln musst.

Deine Freundin hat dir längst empfohlen, zum Zahnarzt zu gehen. Zu deiner Überraschung rät dir dieser nun zum Physiotherapeuten zu gehen. Doch gibt es hier eigentlich einen in der Nähe?

Eine kurze Google-Suche später…

Wie praktisch, da gibt es doch direkt eine Praxis um die Ecke! Die haben doch schließlich alle die gleiche Ausbildung, oder?

Physiotherapeut ist nicht gleich Physiotherapeut

Auch wenn das Ausbildungsniveau in Deutschland sehr hoch ist, sind nicht alle Physiotherapeuten auch gleich gut. Nicht jede Person mit Führerschein ist schließlich auch automatisch ein guter Autofahrer.

Die Therapiequalität einer Praxis hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, die von außen betrachtet nicht immer offensichtlich sind. Zu diesen zählen neben Weiterbildungen und spezifischen Erfahrungen nämlich auch das Arbeitsumfeld der Therapeuten sowie die Organisation der Praxis.

Zusatzfortbildungen und Erfahrung machen den Unterschied

Was viele Patienten nicht wissen: Die Grundausbildung in der Physiotherapie ist erst der Anfang. Viele Behandlungsformen wie manuelle Lymphdrainage (MLD) oder Manuelle Therapie (MT) dürfen nur mit Zusatzausbildungen praktiziert werden.

Diese Weiterbildungen sind nicht nur anspruchsvoll und zeitaufwändig, sondern auch teuer. Eine Fortbildung wie Manuelle Therapie kostet 3000-5000 € und dauert in der Regel mehrere Jahre (zusätzlich zur normalen Ausbildung).

Aufgrund des hohen zeitlichen und finanziellen Aufwands, möchten sich einige schwarze Schafe die Mühe sparen: Diese Physiotherapiepraxen, bieten Therapieformen an, für die sie gar keine offiziellen Qualifikationen haben. Woran sollen die Patienten schließlich erkennen, ob der Physiotherapeut weiß, was er tut?

Daher lohnt es sich, bei der Suche nach einer geeigneten Praxis auf ein hohes Qualitätsniveau Wert zu legen.

Spezielle Probleme, spezielle Fortbildungen (z.B. Kiefergelenksdysfunktion)

Was bei Ärzten selbstverständlich ist, ist in der Physiotherapie eine Seltenheit: Mit speziellen Problemen auch spezielle Fachleute aufzusuchen.

Wenn du Probleme mit dem Rücken hast, gehst du zu einer Orthopädin. Bei Problemen mit der Haut zu einem Hautarzt. Geht es hingegen um Physiotherapie, soll eine Person im Idealfall alles können.

Gerade bei spezifischen Problemstellungen, wie z.B. der Behandlung von Kiefergelenksproblemen (CMD), ist es allerdings wichtig einen Physiotherapeuten zu finden, der sich mit der Thematik gut auskennt.

Grundsätzlich hat natürlich jeder Physiotherapeut das Thema Kiefergelenk in seiner Grundausbildung gehört. Ob du jedoch bei Therapeuten ohne die nötigen Spezialkenntnisse den bestmöglichen Therapieerfolg bzw. nachhaltige Schmerzlinderung erfahren wirst, ist mehr als fraglich.

Auch das Umfeld ist entscheidend

Neben der Therapie spielt auch das Praxisumfeld eine entscheidende Rolle für deine Behandlung. Es ist inzwischen wissenschaftlich belegt, dass auch das Umfeld therapeutischer Behandlungen einen entscheidenden Einfluss auf den Therapieerfolg hat.

Nur wer sich wohlfühlt, kann denn Alltag überwinden und sich mental und körperlich voll auf seine Therapie einlassen. Eine essenzielle Grundvoraussetzung für erfolgreiche Behandlungen.

Zum Therapieumfeld gehören natürlich auch die geeigneten Therapiematerialien und eine zeitgemäße Ausstattung der Praxis.

Die richtige Organisation ist die halbe Miete

Auch wenn es auf den ersten Blick nebensächlich scheint: Das Praxismanagement (bzw. der Empfang) einer Praxis leistet einen entscheidenden Beitrag zu deinem Therapieerfolg.

Nur mithilfe einer professionellen Organisation können die Rahmenbedingungen für eine bestmögliche Therapie geschaffen werden – ein Punkt, der von vielen Praxen übersehen wird. Hierzu kannst du dir im Kontakt mit deiner Praxis 3 Fragen stellen:

1) Wie ist die Kommunikation mit dem Praxispersonal?

Wie lange klingelt das Telefon, wenn du einen Termin vereinbaren willst oder du Rückfragen hast? Wie freundlich wirst du empfangen, wenn du die Praxis betrittst? Ist dein Ansprechpartner bemüht, Termine zu finden, die sich mit deinem Alltag verbinden lassen? Du steckst in der Arbeit fest und kannst nicht telefonieren: Kann die Praxis im Zweifelsfall auch über andere Kommunikationskanäle erreicht werden (z.B. per E-Mail oder WhatsApp)? Die beste Therapeutin kann wenig bewegen, wenn du bereits vor deinem Termin gestresst vom Kontakt mit dem Rezeptionsteam bist oder z.B. aufgrund einer Misskommunikation zu spät bist.

2) Wie häufig wechseln deine betreuenden Therapeuten?

Wenn du bei sechs Behandlungsterminen fünf verschiedene Therapeuten kennenlernst, sollten deine Alarmglocken läuten.

Auch wenn es natürlich möglich ist, Patientenübergaben durch entsprechende Dokumentationen mit nur geringen Qualitätsverlusten zu gestalten, ist ein grundloser, häufiger Wechsel der Therapeuten in der Regel ein Zeichen schlechter Organisation.

Es ist normal, dass du im Verlauf eines Rezepts je nach Terminverfügbarkeit auch von zwei Therapeuten betreut wirst. Sollten dich jedoch ständig und ohne jeglichen Grund unterschiedliche Therapeuten behandeln, ist Vorsicht geboten.

3) Wie viel Rezeptionsarbeit machen die Physiotherapeuten? Wirken sie gestresst?

Kannst du dir vorstellen, dass bei BMW die Monteurin gleichzeitig die Buchhaltung macht und danach noch schnell die Büros reinigt? Wohl kaum.

Leider wird das tagtäglich in Praxen gefordert: Die Physiotherapeuten sind hier Rezeptionisten, Buchhalter, Reinigungskräfte und Call-Center zugleich.

Viele Praxen sparen aus Kostengründen beim Organisationspersonal und übertragen Aufgaben wie die Raumreinigung, den Patientenempfang, die Terminabsprachen oder das Kassieren von Zuzahlungen auf die Physiotherapeuten.

Wer alles gleichzeitig macht, kann jedoch nichts wirklich gut machen. Es fehlt die Energie und der Fokus auf das, was zählt: Die Therapie.

Unter diesem Multitasking leiden am Ende nicht nur die Patienten, sondern auch die Therapeuten.

Gute Physiotherapie ist keine Kostenfrage

Die Gute Nachricht vorweg: Die gesetzliche Zuzahlung für Physiotherapie ist in Deutschland in jeder Praxis gleich. Egal ob deine Physiotherapeutin eine anerkannte Koryphäe, oder eine Berufsanfängerin ist.

Auch als Privatpatient orientieren sich die Preise der Physiotherapiepraxen in der Regel am Niveau der Beihilfesätze – unabhängig vom Qualifikationsniveau der Physiotherapeuten.

Das bedeutet, ein doppelt so guter Therapeut kostet im Gegensatz zu anderen Branchen nicht das doppelte Geld. Endlich mal gute Nachrichten für dich als Patient!

Die Kosten eines unpassenden Physiotherapeuten hingegen sind unmittelbar spürbar: Verlorene Zeit, verlorenes Geld und schlechtere Heilungschancen.

3 Anzeichen, dass du die richtige Physiotherapiepraxis gefunden hast

Du bist nun bei einer Praxis gelandet, woran erkennst du, ob diese die richtige für dich ist?

1) Dein Physiotherapeut weiß, wovon er spricht

In allererster Linie solltest du bei einer Therapeutin oder einem Therapeuten sein, der über die nötige Fachkompetenz verfügt. Stelle gerne auch Fragen zu deiner Therapie. So lernst du nicht nur selbst dazu, sondern gewinnst auch einen Eindruck über den Therapieplan deines Physiotherapeuten.

2) Du fühlst dich wohl und wirst gut behandelt

Physiotherapie sollte keine Massenabfertigung sein und du solltest dich nicht so fühlen. Verlasse dich hierbei gerne auf dein Bauchgefühl: Hast du den Eindruck, du wirst als Person wertgeschätzt – oder bist du nur eine Nummer?

3) Deine Praxis ist gut organisiert

Die Organisation einer Praxis ist die halbe Miete. Wie funktioniert die Terminabsprache? Hast du den Eindruck, dass dein Gegenüber seinen Job versteht? Wie sind die Wartezeiten in der Praxis? Müssen die Physiotherapeuten gleichzeitig die Rezeption führen? Wirken die Mitarbeiter häufig gestresst? All das sind gute Anhaltspunkte, um zu beurteilen, wie es um die Organisation einer Praxis steht.

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